Von Reinkersch, Pfelzern und Kirschwachterhäusln

Die Kirschen haben Scharten in ganz Oberösterreich bekannt gemacht. Schon vor mehr als 100 Jahren wurden in dieser klimatisch begünstigten Region Kirschen angebaut. Waren es damals hochstämmige Bäume entlang der Wege, so sind es heute dicht bepflanzte Kirschenkulturen mit Spindelbäumen. Mittlerweile ist Scharten jene Gemeinde in Österreich mit der größten Kirschenanbaufläche. Auf mehr als 50 Hektar erzeugen die Obstbauern Schartner Kirschen. Hinzu kommen noch die vielen alten Kirschenbäume bei den Höfen, in den Hausgärten und in den Streuobstwiesen. Durch das stetige Ansteigen der Anbaufläche positioniert sich die Region Scharten auf der oberösterreichischen Genusslandkarte als DIE Kirschregion. Die Genuss-Region "Buchkirchner-Schartner Edelobst", das "Genussland Oberösterreich" und der Naturpark Obst-Hügel-Land sind Partner in der Vermarktung. Ein Großteil der Früchte wird über den Lebensmitteleinzelhandel und regionale Händler vertrieben, aber auch der Ab-Hf-Verkauf hat einen hohen Stellenwert und entwickelte sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren sehr positiv. Mehr als 20 verschiedene Kirschensorten werden in Scharten angebaut. Die unterschiedliche Reifezeit ermöglicht eine Erntezeit von etwa 6 bis 8 Wochen (bis Anfang August). Die reifen Früchte werden in der Saison täglich per Hand gepflückt. Ohne Erntehelfer wäre diese Arbeit für die Familienbetriebe nicht möglich. Bei ein paar Betrieben gibt es die Möglichkeit der Selbsternte.

Aktuelle Herausforderungen im Kirschenanbau

Der Klimawandelt stellt auch die Kirschenbauern vor Herausforderungen. So wird etwa die Wasserversorgung immer wichtiger. In trockenen Jahren ist eine Bewässerung der Obstbäume mittlerweile unerlässlich, um die Ernte zu sichern. Einige Obstbauern investiereten in neue Brunnen, um die Wasserversorgung sicher zu stellen.

Die Obstbaumblüte beginnt tendenziell immer zeitiger, zum Teil 2 bis 3 Wochen früher als im langjährigen Schnitt. Das erhöht wiederum das Risiko von Spätfrösten. Grundsätzlich gibt es Möglichkeiten im Erwerbsobstbau, das Risiko von Frostschäden während und nach der Blüte zu reduzieren, z.B. die Frostberegnung, das Anzünden von Paraffinkerzen, Stroh bzw. Hackschnitzeln oder die Verwendung von Heizgeräten. Derartige Frotschutzmaßnahmen bedeuten jedoch einen erheblichen zusätzlichen Aufwand für die Obstbauern und sind nicht immer wirkunsvoll. Vor allem dann, wenn die Temperaturen weit in den Minusbereich fallen.

Neben extremen Witterungseinflüssen stellen verschiedene Schädlinge die Kirschenbauern vor Probleme. Während etwa die Kirschfruchtfliege im konventionellen Kirschenabau relativ gut zu bekämpfen ist, bereitet die mittlerweile auch in Oberösterreich vermehrt auftretende Kirschessigfliege den Obstbauern Sorgen. Die Kirschessigfliege ist imstande, enorme Schäden bei Kirschenkulturen, beim Beerenobst, aber auch im Weinbau anzurichten. Derzeit gibt es kaum Möglichkeiten zur Bekämpfung. Das Aufstellen von Fallen und die Einnetzung der Kirschenkulturen zeigen akutell den besten Erfolg gegen diesen Schädling. Jedoch ist das Anbringen von Netzen mit erheblichen zusätzlichen Investitionskosten für die Kirschenbauern verbunden. Die Einnetzung von Kirschenkulturen beeinträchtigt zwar das Landschaftsbild während der Kirschensaison, sie jedoch erforderlich, um auch in Zukunft hochqualitative, heimische Kirschen für den Handel und den Ab-Hof-Verkauf produzieren zu können.

Geschichte des Kirschenanbaus

Früher waren viele Wege in Scharten gesäumt von Kirschbäumen, vor allem entlang des Höhenweges zwischen Scharten und Buchkirchen bzw. Alkoven standen unzählige Bäume.  Die „Kersch“ waren schon immer als Lebensgrundlage für die Bauern und „Kleinhäusler“ wichtig. Viele Städter aus Linz oder Wels kamen, gingen in Scharten spazieren und kauften die begehrten Früchte hier. Oder die Bauern brachten sie mit alten Fuhrwerken auf die Märkte. Später holten erste Obsthändler die begehrten Schartner Kirschen mit  Pferdefuhrwerken und dann mit Lastwägen ab. Wenn im Frühsommer die Ernte los ging, wurden die langen hölzernen Leitern an die Bäume gelehnt, oft auch drei in einen Baum. Zum „Kersch brocken“ kamen auch Verwandte, Nachbarn und Taglöhner.  Die Kirschen wurden in Zisteln gesammelt und dann in große Körbe geleert. Entlang der Kirschenalleen wurden in gewissen Abständen kleine „Kirschhüterhäusl“ oder „Kerschwachterhäusl“ errichtet. Zur Kirschenzeit saß jemand darin und passte auf, dass nicht allzu viele Kirschen gestohlen wurden. Auch Schwärme von Staren wurden verjagt. Heute erinnern in Scharten nur mehr zwei solcher Kirschhütterl an vergangene Zeiten. 

Die meisten größeren Bauern hatten ein „Baumgartl“. Dort wurden aus Kernen oder Wurzelschößlingen Wildlinge aufgezogen. Wenn diese eine Höhe von rund zwei Meter erreicht hatten, wurden sie geköpft und mittels Spaltveredelung die gewünschte Sorten aufgepropft. Kirschen veredelte man gerne auf die starkwüchsige Vogelkirsche. Daraus entwickelten sich langlebige Kirschbäume. Zwei Kirschensorten waren besonders gängig in Scharten. Die kleinen, dunklen, saftigen Schartner Rainkirschen („Reinkersch“) waren und sind auch heute noch die besten Bunkel- und Strudelkirschen. Auch die „Pfelzer“  - eine für damalige Verhältnisse großfrüchtige Knorpelkirsche - erreichte in Scharten eine gewisse Bedeutung. 

Quellen: Schartner Geschichten (Dr. Emmi Mayrhofer), Obstbau in Scharten (Josef Bischlöger)

Erhaltung alter Kirschensorten

Der Naturpark hat es sich zur Aufgabe gemacht, die alten traditionellen Kirschensorten zu erhalten und wieder auszupflanzen. Viele der hochstämmigen Kirschbäume weisen ein hohes Alter auf, deshalb ist es umso wichtiger, Lokalsorten und interessante Sämlinge zu vermehren und diese nachhaltig zu erhalten. Die Baumschule Weber hat 2015 Schartner Rainkirschen mit Edelreisern aus Scharten produziert. Bei den regelmäßig vom Naturparkverein organisierten Obstbaum-pflanzaktionen können diese bestellt werden.